%----------------------------------------------------------------------------- \chapter{Einleitung} %----------------------------------------------------------------------------- Wir betrachten folgendes grundlegendes Modell: Kunden kommen zu zufälligen Zeiten $T_{1} < T_{2} < \dots 0$, dann geht $u_{1}+ \cdots + u_{n-1}$ $\rightarrow \infty$, also auch $\tilde w$. Falls $\E u < 0$, dann geht $u_{1}+ \cdots + u_{n-1}$ $\rightarrow -\infty$, also ist für $n>n_{0}$ $u_{1}+ \cdots + u_{n-1} <0 $, was bedeutet daß nur die ersten Glieder in der Definition von $\tilde w_{n}$ wichtig sind; also ist $\tilde w$ endlich. Falls $\E u = 0$, ist können wir den einfachen Fall $D/D/1$ betrachten. In diesem Fall ist $w_{n}=0$, also ist das Verhalten stationär. Leider ist das der einzige Fall; sobald $A$ oder $B$ nicht degenerierte Verteilungen haben, kann $\tilde w_{n}$ nicht gegen eine endliche Zufallsvariable konvergieren, weil etwa nach dem zentralen Grenzwertsatz für $n$ groß genug \begin{displaymath} \PP(\tilde w_{n} > a \sqrt{n.{\bf Var}(u)}) \geq 1- \Phi(a)- \epsilon > 0 ~. \end{displaymath} Somit ist für jedes $n$ \begin{displaymath} \PP(\tilde w > a \sqrt{n.{\bf Var}(u)}) \geq 1- \Phi(a)- \epsilon ~, \end{displaymath} also \begin{displaymath} \PP(\tilde w = \infty) \geq 1- \Phi(a)- \epsilon ~. \end{displaymath} Es bleibt uns also für stationäres Verhalten (außer im Trivialfall \\ $D/D/1$) die Bedingung \begin{displaymath} \E (u) < 0 \Leftrightarrow \E (x) < \E (t) \Leftrightarrow \rho= \frac{\E (x)}{\E (t)} < 1 ~. \end{displaymath} Wir bezeichnen den Kehrwert von $\E (t)$ als die \index{Ankunftsrate}\enquote{Ankunftsrate} $\lambda = \frac{1}{\E (t)}$ und $\mu = \frac{1}{\E (x)}$ als die \index{Bedienrate}\enquote{Bedienrate}. Es sind dies die Anzahl von Kunden, die in einem langen Zeitraum durchschnittlich pro Zeiteinheit ankommen bzw. bedient werden, falls ununterbrochen bedient wird. Mit diesen Bezeichnungen ist $\rho = \frac{\lambda}{\mu}$ \index{Auslastung}(Auslastung) und die Bedingung für stationäres Verhalten wird zu $ \lambda < \mu$ bzw.\ $\rho<1$. %-------------------------------------------------------------------------- \section{Der Satz von Little} %--------------------------------------------------------------------------- Wir nehmen jetzt an, daß in unserer Schlange stationäres Verhalten herrscht; wir wollen eine Beziehung zwischen der Ankuftsrate, der mittleren Anzahl der Kunden im System und der mittleren Aufenthaltsdauer finden. Dazu nehmen wir an, daß wir jeden Kunden für die Zeit, die er im System verbringt, bezahlen müssen. Die Summe, die insgesamt zu bezahlen ist, berechnet sich als $T \E (N)$, da zu jedem Zeitpunkt durchschnittlich $\E (N)$ Kunden anwesend sind. Andererseits bekommt jeder Kunde durchschnittlich $\E (z)$ bezahlt. In der Zeit $T$ kommen $\lambda T$ Kunden an, also ist die zu bezahlende Summe auch gleich $\lambda T \E (z)$. Beide Gleichungen sind nicht vollständig exakt, weil in beiden Fällen noch zufällige Schwankungen dazukommen, und weil bei der zweiten Gleichung auch nicht berücksichtigt wurde, daß einige Kunden noch nach $T$ bleiben. Diese Fehler sind aber von kleineren Ordnung als $T$. Wir haben also \begin{displaymath} T \E (N) = \lambda T \E (z) + o(T) ~. \end{displaymath} Dividieren wir durch $T$ und $T \rightarrow \infty$ gibt \begin{displaymath} \E (N) = \lambda \E (z) ~, \end{displaymath} d.h. Mittlere Anzahl = Ankuftsrate $*$ Mittlere Aufenthaltsdauer. Wendet man dieses Ergebnis auf den Server allein an, ergibt sich, daß die Mittlere Anzahl der Kunden, die gerade bedient werden = \begin{displaymath} \lambda \E (x) = \frac{\lambda}{\mu} = \rho ~. \end{displaymath} Da aber höchstens 1 Kunde bedient wird, ist das gleich der Wahrscheinlichkeit, daß der Server besetzt ist, oder der Auslastung des Servers. %--------------------------------------------------------------------------- \chapter{Warteschlangensysteme} \section{Die Schlange $M/M/1$} %--------------------------------------------------------------------------- Im Folgenden gehen wir von der \enquote{FCFS}-Disziplin aus. Um die zukünftige Entwicklung einer Warteschlange bestimmen zu können, benötigen wir 3 Angaben zur Zeit $t$. \begin{enumerate} \item Die Anzahl $N_{t}$ der anwesenden Kunden. \item Die Zeit, die seit der letzten Ankunft vergangen ist. \item Die Zeit, die seit dem Beginn des letzten Bedienvorgangs vergangen ist (falls dieser noch andauert). \end{enumerate} Die letzten beiden Angaben sind notwendig, damit wir die Verteilung der verbleibenden Zeit bis zur nächsten Ankunft bzw. bis zum Ende des Bedienvorganges bestimmen können. Für den Fall $M/M/1$ sind diese Angaben nicht notwendig, weil diese Verteilungen wegen der Gedächtnislosigkeit der Exponentialverteilung nicht von der schon verstrichenen Zeit abhängen. Deshalb genügt uns $N_{t}$ zur Beschreibung des Systems. Wir betrachten jetzt die Anzahl der Kunden zur Zeit $t+ \Delta t$, wenn die Anzahl zur Zeit t bekannt ist. Die Anzahl kann sich in folgender Weise ändern: \begin{enumerate} \item Es kann gar nichts geschehen. \item Es kann genau ein Kunde aufkommen. \item Es kann genau ein Kunde fertig werden. \item Es kann mehr als ein Ereignis (Ankunft, gehen) auftreten. \end{enumerate} Die Wahrscheinlichkeit, daß mindestens ein Kunde im Intervall $(t, t+ \Delta t)$ ankommt, ist $1-e^{-\lambda \Delta t} = \lambda \Delta t + o (\Delta t)$. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Kunde fertig wird $\mu \Delta t + o(\Delta t)$. Die Wahrscheinlichkeit für 4. ist, wie man leicht einsieht, $o(\Delta t)$. Das gibt für 1. die Wahrscheinlichkeit $1 - (\lambda + \mu) \Delta t + o(\Delta t)$. Falls die Schlange leer ist, fallen natürlich die Summanden mit $\mu$ weg (es kann ja niemand gehen). Somit gilt für \begin{eqnarray*} p_{n}(t) &=& \PP (N_{t} = n) \\ p_{n}(t+ \Delta t) &=& \mu \Delta t . p_{n+1}(t) + (1 - (\lambda + \mu) \Delta t) p_{n}(t) + \\ & &+ \lambda \Delta t p_{n-1}(t) + o(\Delta t) \qquad [n \geq 1] \\ p_{0}(t + \Delta t) &=& \mu \Delta t . p_{1}(t) + (1 - \lambda \Delta t) p_{0}(t) + o(\Delta t) ~. \end{eqnarray*} Wenn man $p_{n}(t)$ auf die linke Seite bringt und durch $\Delta t$ dividiert und $\Delta t \rightarrow 0$ läßt, ergibt sich \begin{eqnarray*} p'_{n}(t) &=& \mu p_{n+1}(t)-(\lambda + \mu) p_{n}(t)+ \lambda p_{n-1}(t) \\ p'_{0}(t) &=& \mu p_{1}(t)- \lambda p_{0}(t) ~. \end{eqnarray*} Diese Gleichungen lassen sich etwa mit Hilfe von Transformationen lösen, aber das Ergebnis ist nicht besonders schön. Wir beschränken uns daher jetzt und in der Folge auf die Bestimmung der stationären Lösung. Diese ist natürlich dadurch gekennzeichnet, daß $p_{n}(t)$ nicht von der Zeit $t$ abhängt, also $p'_{n}(t)=0$. Das ergibt die Gleichungen \begin{eqnarray*} \mu p_{n+1}-(\lambda +\mu) p_{n} + \lambda p_{n-1} &=& 0 \\ \mu p_{1} - \lambda p_{0} &=& 0 ~. \end{eqnarray*} Durch Induktion erhalten wir daraus \begin{displaymath} \mu p_{n+1} - \lambda p_{n} = 0 ~, \end{displaymath} oder \begin{displaymath} p_{n+1} = \frac{\lambda}{\mu} p_{n} = \rho p_{n} ~. \end{displaymath} Also ist \begin{displaymath} p_{n} = \rho^{n}p_{0} \end{displaymath} und wegen $\sum_{n=0}^{\infty} p_{n} = 1$ \begin{displaymath} p_{0} = 1- \rho \end{displaymath} und \begin{displaymath} p_{n} = \rho^{n} (1- \rho) ~. \end{displaymath} Die Anzahl der Kunden im System ist also geometrisch verteilt. Aus dieser Verteilung können wir jetzt die Verteilungen von $w$ und $z$ bestimmen. Die Zeit im System $z$, falls bei der Ankunft $n$ Personen anwesend sind, ist die Summe von $(n+1)$ exponentialverteilten Zufallsvariablen (die Bedienzeiten der $n$ anwesenden + die der neu hinzugekommenen), hat also die Dichte \begin{displaymath} f_{z}(u|N_{t}=n) = \frac{u^{n}}{n!} \mu^{n+1} e^{- \mu u} \qquad [u>0] ~. \end{displaymath} Die unbedingte Dichte ergibt sich also zu \begin{eqnarray*} f_{z}(u) &=& \sum_{n}^{} \PP(N_{t}=n).f_{z}(u|N_{t}=n) = \\ &=& \sum_{n}^{} (1- \rho) \rho^{n}. \frac{u^{n}}{n!} \mu^{n+1} e^{- \mu u} = \\ &=& (1- \rho) e^{- \mu(1- \rho)u} \qquad [u>0] ~. \end{eqnarray*} $z$ ist also exponentialverteilt mit Parameter \begin{displaymath} \mu (1- \rho) = \mu - \lambda ~. \end{displaymath} Die Verteilung von $w$ ist gemischt: $\PP (w=0) = 1- \rho$, und die bedingte Verteilung von $w$ unter der Bedingung $[w>0]$ ist wieder eine Exponentialverteilung mit Parameter $\mu - \lambda$. %---------------------------------------------------------------------------- \section{Das System $M/G/1$} %------------------------------------------------------------------------------ Jetzt benötigen wir zusätzlich zu $N_{t}$ die Information über die schon verbrauchte Bedienzeit. Die einfachste Methode besteht darin, das System nur in solchen Zeitpunkten zu betrachten, an denen die verbrauchte Bedienzeit bekannt ist (und zwar = 0), nämlich die Zeitpunkte $T_{n}$, in denen der n-te Kunde das System verläßt. Es sei $N_{n}$ die Anzahl der Kunden, die dann im System verbleiben. Es gilt: Falls $N_{n}=0$, so muß zuerst gewartet werden, bis ein neuer Kunde ankommt; wenn dieser Kunde geht, sind noch genau die Kunden da, die während seiner Bedienzeit angekommen sind; bezeichnet man $M_{n}$ als die Anzahl der Kunden, die während der Bedienzeit des $n$-ten Kunden ankommen, so gilt \begin{displaymath} N_{n+1} = M_{n} ~. \end{displaymath} Falls $N_{n} \not= 0$ ist \begin{displaymath} N_{n+1} = N_{n} - 1 + M_{n} ~. \end{displaymath} Zusammengefaßt ergibt sich: \begin{displaymath} N_{n+1} = (N_{n} - 1)_{+} + M_{n} ~. \end{displaymath} Wir suchen eine stationäre Lösung; es sei also $\PP (N_{n}=k)=p_{k}$ unabhängig von $n$. Die erzeugende Funktion von $N_{n}$ ist \begin{displaymath} P^{*}(z) = \sum_{}^{}p_{k}z^{k} ~. \end{displaymath} Die erzeugende Funktion von $(N_{n}-1)_{+}=$ \begin{eqnarray*} = p_{0} + \sum_{k=1}^{\infty} p_{k} z^{k-1} &=& p_{0}+ \frac{\hat P (z) - p_{0}}{z} = \\ &=& \frac{\hat P(z) - p_{0}(1-z)}{z} ~. \end{eqnarray*} Mithilfe der Transformationen (Anhang A) ergibt sich die erzeugende Funktion von $M_{n}$ (die Ankünfte bilden ja einen Poisson - Prozeß) als \begin{displaymath} \tilde B (\lambda(1 - z)) ~, \end{displaymath} wobei $B$ die Verteilung der Bedienzeit (mit Dichte $\beta$) ist. Wir erhalten also \begin{displaymath} P^{*}(z) = \frac{(P^{*}(z) - p_{0}(1-z))}{z} \tilde B (\lambda(1-z)) ~, \end{displaymath} also \begin{displaymath} P^{*}(z) = \frac{p_{0}(1-z) \tilde B ( \lambda (1-z))}{ \tilde B ( \lambda(1-z)) - z} ~. \end{displaymath} Hier ist noch $p_{0}$ zu bestimmen, und zwar aus der Bedingung $P^{*}(1) = 1$. Es ergibt sich $p_{0} = 1 - \rho$ und \begin{displaymath} P^{*}(z) = \frac{(1- \rho)(1-z) \tilde B ( \lambda (1-z))}{ \tilde B ( \lambda(1-z)) - z} ~, \end{displaymath} eine sogenannte \index{Pollaczek - Khinchin Formel}Pollaczek - Khinchin Formel. Die Anzahl der Kunden, die der $n$-te Kunde zurückläßt, ist genau die Anzahl der Kunden, die ankommen während er im System ist (d.h. während $z_{n}$), d.h. für die $L$-Transformierte $ \tilde Z (t)$ der Verteilung von $z$ gilt: \begin{displaymath} \tilde Z (\lambda(1-z)) = P^{*}(z) ~, \end{displaymath} also \begin{displaymath} \tilde Z (t) = \frac{(1- \rho)t \tilde B (t)}{t + \lambda \tilde B (t) - \lambda} ~. \end{displaymath} Auch das nennt man eine Pollaczek - Khinchin Formel. Für die Wartezeit gilt (wegen $z_{n} = w_{n} + x_{n}$) \begin{displaymath} \tilde Z (t) = \tilde W (t) \tilde B(t) ~, \end{displaymath} also \begin{displaymath} \tilde W (t) = \frac{(1- \rho)t}{t + \lambda \tilde B (t) - \lambda} ~. \end{displaymath} Für die Erwartungswerte ergibt sich: \begin{eqnarray*} \E (N) &=& \rho + \frac{\lambda^{2} \E x^{2}}{2(1- \rho)} \\ \E (Z) &=& \frac{1}{\mu} + \frac{\lambda \E x^{2}}{2(1 - \rho)} \\ \E (W) &=& \frac{\lambda \E x^{2}}{2(1 - \rho)} ~. \end{eqnarray*} %------------------------------------------------------------------------------ \section{Das System $G/M/1$} %------------------------------------------------------------------------------ Jetzt betrachten wir analog zum vorigen Kapitel das System zu den Zeiten $T_{n}$, wo der $n$-te Kunde ankommt. $N_{n}$ sei die Anzahl der anwesenden Kunden, die der $n$-te Kunde vorfindet. \begin{displaymath} N_{n+1} = N_{n}+1-\mbox{Anzahl der Kunden, die während $t_{n+1}$ gehen.} \end{displaymath} Für $n>0$ gilt, wenn wir $p_{k}= \PP (N_{n}=k)$ (stationär!) setzen: \begin{displaymath} p_{k} = \sum_{j=k-1}^{\infty} p_{j} q_{j+1-k} \qquad [k \geq 1] ~, \end{displaymath} wobei \begin{displaymath} q_{s} = \PP (\mbox{ $s$ Kunden gehen während $t_{n+1}$)} = \end{displaymath} \begin{eqnarray*} = \PP (\mbox{während $t_{n+1}$ treten genau $s$ Ereignisse eines Poissons -} \\ \mbox{Prozesses mit Rate $\mu$ auf)} ~. & & \end{eqnarray*} Die Gleichung für $k=0$ ist überflüssig, da sie aus den Gleichungen für $k>0$ und der Beziehung $\sum_{}^{} p_{k}=1$ gefolgert werden kann. Man kann zeigen, daß diese Gleichung eine eindeutige Lösung besitzt. Falls nun $(p_{k})$ eine Lösung ist, ist auch \begin{displaymath} \tilde p_{k} = \frac{p_{k+1}}{1-p_{0}} \end{displaymath} eine Lösung. Es muß also \begin{displaymath} \tilde p_{k} = p_{k} ~, \end{displaymath} somit \begin{displaymath} p_{k+1} = p_{k}(1-p_{0}) \end{displaymath} und \begin{displaymath} p_{k} = p_{0}(1-p_{0})^{k} = \sigma^{k}(1- \sigma) \qquad [ \sigma := 1 - p_{0}] ~. \end{displaymath} Setzt man das in die Gleichung für $k=1$ ein, ergibt sich \begin{displaymath} \sigma = \sum_{j=0}^{\infty} \sigma^{j} q_{j} = \tilde A (\mu(1-\sigma)) ~. \end{displaymath} Falls $\rho < 1$, gibt es genau eine Lösung $\sigma \in (0,1)$. Dann ist $N$ geometrisch verteilt mit Parameter $\sigma$. Wie für die Schlange $M/M/1$ ergibt sich die Verteilung der Zeit $z$ im System als Exponentialverteilt mit Parameter $\mu(1- \sigma)$; die Wartezeit $w$ hat $\PP (w=0)= 1 - \sigma$ und die bedingte Verteilung von $w$ unter $[w>0]$ ist wieder dieselbe Exponentialverteilung wie die von $z$. %--------------------------------------------------------------------------- \section{Das System $G/G/1$} %--------------------------------------------------------------------------- Hier sind beide Verteilungen - die der Zwischenankunftszeiten und die der Bedienzeiten - allgemeine Verteilungen. Der Trick der vorigen beiden Kapitel funktioniert jetzt nicht mehr gut. Um beide Zeiten zu kontrollieren, müßten wir das System nun zu den Zeitpunkten betrachten, in denen ein Kunde das leere System betritt; diese Zeitpunkte sind aber zu selten, um vernüftig damit zu arbeiten. Statt dessen gehen wir von der Rekursion für die Wartezeiten aus: \begin{displaymath} w_{n+1} = (w_{n} + u_{n})_{+} ~. \end{displaymath} Das bedeutet für die Verteilungsfunktion $W(.)$ von $w$ \begin{displaymath} W(x) = \PP (w_{n+1} \leq x) = \left\{ \begin{array}{lc} \PP (w_{n} + u_{n} \leq x) & x \geq 0 \\ 0 & x < 0 \end{array} \right. ~. \end{displaymath} Die Wahrscheinlichkeit $\PP (w_{n}+ u_{n} \leq x)$ berechnet sich als \begin{displaymath} \PP (w_{n} + u_{n} \leq x) = \int_{- \infty}^{\infty} W(x-u) c(u) du ~, \end{displaymath} wobei $c(u)$ die Dichte von $u_{n} = x_{n} - t_{n+1}$ ist. Falls in der Gleichung für $W(x)$ die Fallunterscheidung nicht auftreten würde, wäre sie leicht durch Transformationen zu lösen. Wir erreichen dies durch einen Kunstgriff: Wir setzen \begin{displaymath} Y(x) = \left\{ \begin{array}{lc} \int_{- \infty}^{\infty} W(x-u)c(u) du & x< 0 \\ 0 & x \geq 0 \end{array} \right. ~. \end{displaymath} Dann ist \begin{displaymath} W(x) + Y(x) = \int_{-\infty}^{\infty} W(x-u) c(u) du ~. \end{displaymath} Wir bezeichnen jetzt die Laplace - Transformierte von $W$ mit $\Phi (t)$, und die von $Y$ mit $\Phi^{-}(t)$. Durch partielle Integration zeigt man, daß \begin{displaymath} \Phi (t) = \frac{1}{t} \tilde W(t) \end{displaymath} gilt. Für die Transformationen ergeben sich die Formeln \begin{displaymath} \Phi (t) + \Phi^{-}(t) = \Phi (t) \tilde C (t) = \Phi (t) \tilde A (-t) \tilde B (t) ~, \end{displaymath} oder \begin{displaymath} \frac{\Phi^{-}(t)}{\Phi (t)} = \tilde A (-t) \tilde B (t) -1 ~. \end{displaymath} Wir nehmen an, daß $\tilde A(t)$ für $t \geq -D$ existiert. (Das ist gleichbedeutend damit, daß $\PP (t_{n} \geq x)$ wie $e^{-Dx}$ fällt). Dann existiert $\tilde A (-t) \tilde B (t) - 1$ für $0 \leq t \leq D$; Ferner existiert $\Phi (t)$ für $t >0$ und $t \Phi (t)$ ist in $\Re (t) \geq 0$ regulär und beschränkt; $\Phi^{-}(t)$ existiert für $t \leq D$ und in $\Re (t) < D$ ist $t\Phi^{-}(t)$ regulär und beschränkt. Wir versuchen 2 Funktionen $\Psi^{+}$ und $\Psi^{-}$ zu finden, die folgendes erfüllen: \begin{enumerate} \item $\frac{\Psi^{+}(t)}{\Psi^{-}(t)} = \tilde A(-t) \tilde B(t) -1$ ~ ~\index{Spektralzerlegung}(Spektralzerlegung). \item $\frac{\Psi^{+}(t)}{t}$ ist für $\Re(t)>0$ regulär und beschränkt und hat dort keine Nullstellen. \item $\frac{\Psi^{-}(t)}{t}$ ist für $\Re (t) < D$ regulär und beschränkt und hat dort keine Nullstellen. \end{enumerate} Dann gilt \begin{displaymath} \frac{\Phi^{-}(t)}{\Phi (t)} = \frac{\Psi^{+}(t)}{\Psi^{-}(t)} \qquad 0< \Re (t) < D ~, \end{displaymath} oder \begin{displaymath} \Phi^{-}(t) \Psi^{-}(t) = \Psi^{+}(t) \Phi (t) \qquad 0< \Re (t) < D ~. \end{displaymath} Die linke Seite ist für $\Re (t) < D$ regulär und beschränkt, die rechte Seite für $\Re (t) > 0$. Es ist dadurch also eine Funktion bestimmt, die in der ganzen Ebene regulär und beschränkt ist. Nach dem Satz von \index{Satz!LIOUVILLE}LIOUVILLE muß eine solche Funktion konstant sein. Es gilt also \begin{displaymath} \Phi (t) = \frac{K}{\Psi^{+}(t)} ~, \end{displaymath} und \begin{displaymath} \tilde W (t) = \frac{Kt}{\Psi^{+}(t)} ~. \end{displaymath} Es bleibt die Konstante $K$ zu bestimmen. Sie folgt wieder aus \begin{displaymath} \tilde W (0) = 1 \qquad \mbox{zu} \qquad K = \frac{\Phi^{+}(t)}{t} \Bigg \bracevert_{t=0} = (\Phi^{+})^{'}(0) ~. \end{displaymath} {\bf Beispiel: $M/M/1$} \begin{displaymath} A = M_{\lambda}: \quad \tilde A(t) = \frac{\lambda}{\lambda + t}, \quad B = M_{\mu}: \quad \tilde B(t) =\frac{\mu}{\mu +t} \end{displaymath} \begin{eqnarray*} \frac{\Psi^{+}(t)}{\Psi^{-}(t)} &=& \tilde A(-t) \tilde B(t)-1 = \frac{\lambda \mu}{(\lambda - t)(\mu + t)} - 1 = \\ &=& \frac{t(\mu - \lambda + t)}{(\lambda - t)(\mu + t)}. \\ \Psi^{+}(t) &=& \frac{t(\mu -\lambda + t)}{(t + \mu} \\ \Psi^{-}(t) &=& (\lambda - t) \\ \Phi (z) &=& \frac{\Psi^{+'}(0)}{\Psi^{+}(z)} = \frac{(\mu - \lambda)(\mu +t)}{\mu t(\mu - \lambda + t)} = \frac{1}{t} - \frac{\lambda}{\mu(\mu - \lambda + t)} \\ \Psi^{+'}(0) &=& \frac{\Psi^{+}(t)}{t} \Bigg \bracevert_{t=0} =\frac{\mu - \lambda}{\mu} \\ F(x) &=& 1 - \rho e^{-(\mu - \lambda)x} \quad \mbox{für} \quad x \geq 0 \end{eqnarray*} also die Verteilung der Wartezeit aus dem ersten Kapitel.