| 123456789101112131415161718192021222324252627282930313233343536373839404142434445464748495051525354555657585960616263646566676869707172737475767778798081828384858687888990919293949596979899100101102103104105106107108109110111112113114115116117118119120121122123124125126127128129130131132133134135136137138139140141142143144145146147148149150151152153154155156157158159160161162163164165166167168169170171172173174175176177178179180181182183184185186187188189190191192193194195196197198199200201202203204205206207208209210211212213214215216217218219220221222223224225226227228229230231232233234235236237238239240241242243244245246247248249250251252253254255256257258259260261262263264265266267268269270271272273274275276277278279280281282283284285286287288289290291292293294295296297298299300301302303304305306307308309310311312313314315316317318319320321322323324325326327328329330331332333334335336337338339340341342343344345346347348349350351352353354355356357358359360361362363364365366367368369370371372373374375376377378379380381382383384385386387388389390391392393394395396397398399400401402403404405406407408409410411412413414415416417418419420421422423424425426427428429430431432433434435436437438439440441442443444445446447448449450451452453454455456457458459460461462463464465466467468469470471472473474475476477478479480481482483484485486487488489490491492493494495496497498499500501502503504505506507508509510511512513514515516517518519520521522523524525526527528529530531532533534535536537538539540541542543544545546547548549550551552553554555556557558559560561562563564565566567568 |
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- \chapter{Einleitung}
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- Wir betrachten folgendes grundlegendes Modell: Kunden kommen zu
- zufälligen Zeiten $T_{1} < T_{2} < \dots <T_{n} < \dots$ im System an,
- wobei $T_{n}$
- die \index{Ankunftszeit}Ankunftszeit des $n$-ten Kunden bezeichnet.
- Ein oder mehrere Bediener arbeiten die Schlange ab und für jeden Kunden
- wird eine bestimmte \index{Bedienzeit}\enquote{Bedienzeit} benötigt. Es sei $x_{n}$ die Bedienzeit
- des $n$-ten Kunden.
- Die Reihenfolge der Bedienung der Kunden wird durch
- die sogenannte \index{Disziplin}\enquote{Disziplin} der Warteschlange bestimmt.Wir nehmen meistens
- FCFS (First Come First Serve) an. Andere Möglichkeiten wären LCFS (Last
- Come First Serve) oder \enquote{Prioritäten}.
- Folgende Annahmen werden getroffen:
- \begin{enumerate}
- \item Die $x_{n}$ sollen unabhängig und identisch verteilt sein.
- \item $t_{n}$ ist die $n$-te \index{Zwischenankunftszeit}Zwischenankunftszeit also $t_{n}= T_{n} -
- T_{n-1}$, $T_{0}=0$ (Die Zeit zwischen der Ankunft des $n$-ten und des
- $(n-1)$-ten Kunden). Die $t_{n}$ sind auch unabhängig und identisch
- verteilt.
- \end{enumerate}
- Wir verwenden folgende \index{Warteschlangen!Kurznotation}Kurznotation für
- Warteschlangen: $A/B/s$.
- $A \dots$ Verteilung der Zwischenankuftszeiten $t_{n}$, wobei $a$ die Dichte
- von $t_{n}$ ist. \\
- $B \dots$ Verteilung der Bedienzeiten $x_{n}$ wobei $b$ die Dichte von
- $x_{n}$ ist. \\
- $s \dots$ Anzahl der Bediener \index{Server}(Server).
- \begin{minipage}{\textwidth}
- Kurznotationen für Verteilungen sind:\\
- $M$ $\dots$ \index{Verteilung!Exponential-}Exponentialverteilung (\enquote{memoryless}). \\
- \end{minipage}
- Dichtefunktion:
- \begin{displaymath}
- f(x) = \lambda e^{-\lambda x} \qquad x\geq 0.
- \end{displaymath}
- $E_{n}$ $\dots$ \index{Verteilung!Erlang-}Erlangverteilung: Die Summe von $n$ unabhängigen
- Exponentialverteilungen.\\
- Dichtefunktion:
- \begin{displaymath}
- f(x)=\frac{\lambda^{n}x^{n-1}}{(n-1)!}e^{-\lambda x} \qquad x\geq 0.
- \end{displaymath}
- $H$ $\dots$ \index{Verteilung!Hyperexponentelle}Hyperexponentielle Verteilung: Die Mischung von unabhängigen
- Exponentialverteilungen. Wir haben $p_{1} \dots p_{n}$, $p_{i} \geq 0$,
- und
- $\sum_{i=1}^{n} p_{i} = 1$, $\lambda_{1} \dots \lambda_{n} \geq 0$. \\
- Dichtefunktion:
- \begin{displaymath}
- f(x)=\sum_{i=1}^{n} p_{i} \lambda_{i} e^{-\lambda_{i}x}.
- \end{displaymath}
- $D$ $\dots$ \index{Verteilung!Deterministische}Deterministisch: Ein fixer Wert wird angenommen. \\
- $G$ $\dots$ \index{Verteilung!Allgemeine}\enquote{General}: Allgemeine Verteilung (alles, was nicht vorher erwähnt
- wurde).
- Die Sonderstellung der Exponentialverteilung ist begründet durch ihre
- Gedächtnislosigkeit. Falls nämlich etwa eine Wartezeit
- exponentialverteilt ist, und wir schon t Zeiteinheiten gewartet haben, so
- ist die Verteilung der restlichen Wartezeit gegeben durch
- \begin{eqnarray*}
- \PP(\mbox{restliche Wartezeit} \geq x \mid \mbox{schon $t$
- gewartet}) = \\
- = \PP(T \geq t+x \mid T \geq t) = \frac{\PP(T \geq t+x)}{\PP(T\geq t)} ~.
- \end{eqnarray*}
- Angenommen $T$ sei exponentialverteilt $\Rightarrow$ $\PP(T \geq t) =
- e^{-\lambda t}$ $\Rightarrow$
- \begin{displaymath}
- \frac{\PP(T \geq t+x)}{\PP(T \geq t)} = \frac{e^{-\lambda
- (t+x)}}{e^{-\lambda
- t}}= e^{-\lambda x},
- \end{displaymath}
- also unabhängig davon, wie lange wir schon vorher gewartet haben.
- Es gibt abgeleitete Größen, die das Verhalten der Warteschlange
- beschreiben wie:
- \begin{enumerate}
- \item $w_{n}$ $\dots$ \index{Wartezeit}Wartezeit des $n$-ten Kunden.
- \item $z_{n} = w_{n} + x_{n} \dots$ Zeit, die der $n$-te Kunde im System
- verbringt.
- \item $N_{t}$ $\dots$ Anzahl der Kunden, die zum Zeitpunkt $t$ im System
- sind ($=$ wartende + eventuell die, die gerade bedient werden).
- \end{enumerate}
- Es gibt einige Fragen, die uns interessieren:
- \begin{enumerate}
- \item Die Verteilungen von $w_{n}$, $z_{n}$, $N_{t}$.
- \item Gibt es Grenzverteilungen für $n \rightarrow \infty$ bzw. $t
- \rightarrow \infty$ (d.h. pendelt sich das Verhalten der Schlange auf
- einen stationären Zustand ein?) und Bestimmung der Grenzverteilungen.
- \item Erwartungswerte der Grenzverteilungen in 2.
- \item Abschätzungen für 3.
- \end{enumerate}
- Die Aufgaben sind hier in abnehmender Schwierigkeit geordnet. Leider sind
- die genauen Verteilungen 1. nicht leicht zu bestimmen, also beschränken
- wir uns meist auf 2. ; im ganz allgemeinen Fall wird es sogar notwendig
- sein, nur Abschätzungen zu betrachten.
- %-----------------------------------------------------------------------------
- \chapter{Erste Resultate}
- \section{Eine Rekursion für die Wartezeit}
- %----------------------------------------------------------------------------
- Wir wollen nun die Wartezeit des $(n+1)$-ten Kunden durch die des $n$-ten
- Kunden ausdrucken. Dazu ist
- \begin{enumerate}
- \item $T_{n} \ldots $ die Ankunftszeit des $n$-ten Kunden.
- \item $T_{n} + w_{n} \ldots$ die Zeit, wenn der $n$-te Kunde bedient wird.
- \item $T_{n} + w_{n} + x_{n} \ldots$ die Zeit wenn der $n$-te Kunde geht.
- Ab jetzt kann der $(n+1)$-te bedient werden.
- \item $T_{n+1} = T_{n} + t_{n+1} \ldots$ Ankuftszeit des $(n+1)$-ten
- Kunden.
- \end{enumerate}
- Falls $T_{n+1} < T_{n} + w_{n} + x_{n}$,
- dann ist $w_{n+1} = T_{n+1} + w_{n} + x_{n} - T_{n+1} = w_{n} + x_{n} -
- t_{n+1}$. Falls $T_{n+1} \geq T_{n} + w_{n} + x_{n}$ ist $w_{n+1} = 0$.
- Also
- \begin{displaymath}
- w_{n+1}= \max (w_{n}+x_{n}-t_{n+1}, 0) =: (w_{n} + x_{n} - t_{n+1})_{+} ~.
- \end{displaymath}
- Sei $u_{n} = x_{n} - t_{n+1}.$ Die $u_{i}$ sind unabhängig und
- identisch verteilt.
- \begin{eqnarray*}
- \Rightarrow w_{n} &=& \max (w_{n-1}+ u_{n-1}, 0) = 0 \\
- \Rightarrow w_{n} &=& \max (0, u_{n-1} + \max (w_{n-2} + u_{n-2}, 0)) = \\
- &=& \max (0, u_{n-1}, u_{n-1} + u_{n-2} + w_{n-2}) = \dots\\
- &=& \max (0, u_{n-1}, u_{n-1} + u_{n-2}, \cdots , u_{n-1} + u_{n-2} +
- \cdots + u_{1}) ~.
- \end{eqnarray*}
- Also ist die Verteilung von $w_{n}$ dieselbe wie die von $\tilde w_{n}$ mit
- \begin{displaymath}
- \tilde w_{n} = \max (0, u_{1}, u_{1} + u_{2}, \cdots, u_{n-1}+ u_{n-2} +
- \cdots + u_{1}) ~.
- \end{displaymath}
- Offensichtlich ist $\tilde w_{n}$ eine monoton nichtfallende Folge, also
- existiert
- \[ \tilde w = \lim_{n \rightarrow \infty} w_{n}. \]
- Falls $\E u > 0$, dann geht $u_{1}+ \cdots + u_{n-1}$ $\rightarrow
- \infty$, also auch $\tilde w$. Falls $\E u < 0$, dann geht $u_{1}+ \cdots
- + u_{n-1}$ $\rightarrow -\infty$, also ist für $n>n_{0}$ $u_{1}+ \cdots +
- u_{n-1} <0 $, was bedeutet daß nur die ersten Glieder in der Definition
- von $\tilde w_{n}$ wichtig sind; also ist $\tilde w$ endlich. Falls $\E
- u = 0$, ist können wir den einfachen Fall $D/D/1$ betrachten. In diesem
- Fall ist $w_{n}=0$, also ist das Verhalten stationär. Leider ist das der
- einzige Fall; sobald $A$ oder $B$ nicht degenerierte Verteilungen haben,
- kann $\tilde w_{n}$ nicht gegen eine endliche Zufallsvariable
- konvergieren, weil etwa nach dem zentralen Grenzwertsatz für $n$ groß
- genug
- \begin{displaymath}
- \PP(\tilde w_{n} > a \sqrt{n.{\bf Var}(u)}) \geq 1- \Phi(a)- \epsilon > 0 ~.
- \end{displaymath}
- Somit ist für jedes $n$
- \begin{displaymath}
- \PP(\tilde w > a \sqrt{n.{\bf Var}(u)}) \geq 1- \Phi(a)- \epsilon ~,
- \end{displaymath}
- also
- \begin{displaymath}
- \PP(\tilde w = \infty) \geq 1- \Phi(a)- \epsilon ~.
- \end{displaymath}
- Es bleibt uns also für stationäres Verhalten (außer im Trivialfall \\
- $D/D/1$) die Bedingung
- \begin{displaymath}
- \E (u) < 0 \Leftrightarrow \E (x) < \E (t) \Leftrightarrow \rho=
- \frac{\E (x)}{\E (t)} < 1 ~.
- \end{displaymath}
- Wir bezeichnen den Kehrwert von $\E (t)$ als die \index{Ankunftsrate}\enquote{Ankunftsrate} $\lambda =
- \frac{1}{\E (t)}$ und $\mu = \frac{1}{\E (x)}$ als die \index{Bedienrate}\enquote{Bedienrate}. Es
- sind dies die Anzahl von Kunden, die in einem langen Zeitraum
- durchschnittlich pro Zeiteinheit ankommen bzw. bedient werden, falls
- ununterbrochen
- bedient wird. Mit diesen Bezeichnungen ist $\rho = \frac{\lambda}{\mu}$ \index{Auslastung}(Auslastung)
- und die Bedingung für stationäres Verhalten wird zu $ \lambda < \mu$ bzw.\
- $\rho<1$.
- %--------------------------------------------------------------------------
- \section{Der Satz von Little}
- %---------------------------------------------------------------------------
- Wir nehmen jetzt an, daß in unserer Schlange stationäres Verhalten
- herrscht; wir wollen eine Beziehung zwischen der Ankuftsrate, der mittleren
- Anzahl der Kunden im System und der mittleren Aufenthaltsdauer finden.
- Dazu nehmen wir an, daß wir jeden Kunden für die Zeit, die er im System
- verbringt, bezahlen müssen. Die Summe, die insgesamt zu bezahlen ist,
- berechnet sich als $T \E (N)$, da zu jedem Zeitpunkt durchschnittlich $\E
- (N)$
- Kunden anwesend sind. Andererseits bekommt jeder Kunde durchschnittlich
- $\E (z)$ bezahlt. In der Zeit $T$ kommen $\lambda T$ Kunden an, also ist
- die
- zu bezahlende Summe auch gleich $\lambda T \E (z)$.
- Beide Gleichungen sind nicht vollständig exakt, weil in beiden Fällen
- noch zufällige Schwankungen dazukommen, und weil bei der zweiten
- Gleichung auch nicht berücksichtigt wurde, daß einige Kunden noch nach
- $T$ bleiben. Diese Fehler sind aber von kleineren Ordnung als $T$. Wir
- haben also
- \begin{displaymath}
- T \E (N) = \lambda T \E (z) + o(T) ~.
- \end{displaymath}
- Dividieren wir durch $T$ und $T \rightarrow \infty$ gibt
- \begin{displaymath}
- \E (N) = \lambda \E (z) ~,
- \end{displaymath}
- d.h. Mittlere Anzahl = Ankuftsrate $*$ Mittlere Aufenthaltsdauer. Wendet
- man dieses Ergebnis auf den Server allein an, ergibt sich, daß die
- Mittlere Anzahl der Kunden, die gerade bedient werden =
- \begin{displaymath}
- \lambda \E (x) = \frac{\lambda}{\mu} = \rho ~.
- \end{displaymath}
- Da aber höchstens 1 Kunde bedient wird, ist das gleich der
- Wahrscheinlichkeit, daß der Server besetzt ist, oder der Auslastung des
- Servers.
- %---------------------------------------------------------------------------
- \chapter{Warteschlangensysteme}
- \section{Die Schlange $M/M/1$}
- %---------------------------------------------------------------------------
- Im Folgenden gehen wir von der \enquote{FCFS}-Disziplin aus.
- Um die zukünftige Entwicklung einer Warteschlange bestimmen zu können,
- benötigen wir 3 Angaben zur Zeit $t$.
- \begin{enumerate}
- \item Die Anzahl $N_{t}$ der anwesenden Kunden.
- \item Die Zeit, die seit der letzten Ankunft vergangen ist.
- \item Die Zeit, die seit dem Beginn des letzten Bedienvorgangs vergangen
- ist (falls dieser noch andauert).
- \end{enumerate}
- Die letzten beiden Angaben sind notwendig, damit wir die Verteilung der
- verbleibenden Zeit bis zur nächsten Ankunft bzw. bis zum Ende des
- Bedienvorganges bestimmen können. Für den Fall $M/M/1$ sind diese
- Angaben nicht notwendig, weil diese Verteilungen wegen der
- Gedächtnislosigkeit der Exponentialverteilung nicht von der schon
- verstrichenen Zeit abhängen. Deshalb genügt uns $N_{t}$ zur Beschreibung
- des Systems.
- Wir betrachten jetzt die Anzahl der Kunden zur Zeit $t+ \Delta t$, wenn
- die Anzahl zur Zeit t bekannt ist. Die Anzahl kann sich in folgender Weise
- ändern:
- \begin{enumerate}
- \item Es kann gar nichts geschehen.
- \item Es kann genau ein Kunde aufkommen.
- \item Es kann genau ein Kunde fertig werden.
- \item Es kann mehr als ein Ereignis (Ankunft, gehen) auftreten.
- \end{enumerate}
- Die Wahrscheinlichkeit, daß mindestens ein Kunde im Intervall $(t, t+ \Delta t)$
- ankommt, ist $1-e^{-\lambda \Delta t} = \lambda \Delta t + o (\Delta t)$.
- Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Kunde fertig wird $\mu \Delta
- t + o(\Delta t)$. Die Wahrscheinlichkeit für 4. ist, wie man leicht
- einsieht, $o(\Delta t)$. Das gibt für 1. die Wahrscheinlichkeit $1 -
- (\lambda + \mu) \Delta t + o(\Delta t)$. Falls die Schlange leer ist,
- fallen natürlich die Summanden mit $\mu$ weg (es kann ja niemand gehen).
- Somit gilt für
- \begin{eqnarray*}
- p_{n}(t) &=& \PP (N_{t} = n) \\
- p_{n}(t+ \Delta t) &=& \mu \Delta t . p_{n+1}(t) + (1 - (\lambda +
- \mu) \Delta t) p_{n}(t) + \\
- & &+ \lambda \Delta t p_{n-1}(t) + o(\Delta t)
- \qquad [n \geq 1] \\
- p_{0}(t + \Delta t) &=& \mu \Delta t . p_{1}(t) + (1 - \lambda \Delta t)
- p_{0}(t) + o(\Delta t) ~.
- \end{eqnarray*}
- Wenn man $p_{n}(t)$ auf die linke Seite bringt und durch $\Delta t$
- dividiert und $\Delta t \rightarrow 0$ läßt, ergibt sich
- \begin{eqnarray*}
- p'_{n}(t) &=& \mu p_{n+1}(t)-(\lambda + \mu) p_{n}(t)+ \lambda p_{n-1}(t)
- \\
- p'_{0}(t) &=& \mu p_{1}(t)- \lambda p_{0}(t) ~.
- \end{eqnarray*}
- Diese Gleichungen lassen sich etwa mit Hilfe von Transformationen lösen,
- aber das Ergebnis ist nicht besonders schön. Wir beschränken uns daher
- jetzt und in der Folge auf die Bestimmung der stationären Lösung. Diese
- ist natürlich dadurch gekennzeichnet, daß $p_{n}(t)$ nicht von der Zeit
- $t$ abhängt, also $p'_{n}(t)=0$. Das ergibt die Gleichungen
- \begin{eqnarray*}
- \mu p_{n+1}-(\lambda +\mu) p_{n} + \lambda p_{n-1} &=& 0 \\
- \mu p_{1} - \lambda p_{0} &=& 0 ~.
- \end{eqnarray*}
- Durch Induktion erhalten wir daraus
- \begin{displaymath}
- \mu p_{n+1} - \lambda p_{n} = 0 ~,
- \end{displaymath}
- oder
- \begin{displaymath}
- p_{n+1} = \frac{\lambda}{\mu} p_{n} = \rho p_{n} ~.
- \end{displaymath}
- Also ist
- \begin{displaymath}
- p_{n} = \rho^{n}p_{0}
- \end{displaymath}
- und wegen $\sum_{n=0}^{\infty} p_{n} = 1$
- \begin{displaymath}
- p_{0} = 1- \rho
- \end{displaymath}
- und
- \begin{displaymath}
- p_{n} = \rho^{n} (1- \rho) ~.
- \end{displaymath}
- Die Anzahl der Kunden im System ist also geometrisch verteilt. Aus dieser
- Verteilung können wir jetzt die Verteilungen von $w$ und $z$ bestimmen.
- Die Zeit im System $z$, falls bei der Ankunft $n$ Personen anwesend sind,
- ist die Summe von $(n+1)$ exponentialverteilten Zufallsvariablen (die
- Bedienzeiten der $n$ anwesenden + die der neu hinzugekommenen), hat also
- die Dichte
- \begin{displaymath}
- f_{z}(u|N_{t}=n) = \frac{u^{n}}{n!} \mu^{n+1} e^{- \mu u} \qquad [u>0] ~.
- \end{displaymath}
- Die unbedingte Dichte ergibt sich also zu
- \begin{eqnarray*}
- f_{z}(u) &=& \sum_{n}^{} \PP(N_{t}=n).f_{z}(u|N_{t}=n) = \\
- &=& \sum_{n}^{} (1- \rho) \rho^{n}. \frac{u^{n}}{n!} \mu^{n+1} e^{- \mu
- u} = \\
- &=& (1- \rho) e^{- \mu(1- \rho)u} \qquad [u>0] ~.
- \end{eqnarray*}
- $z$ ist also exponentialverteilt mit Parameter
- \begin{displaymath}
- \mu (1- \rho) = \mu - \lambda ~.
- \end{displaymath}
- Die Verteilung von $w$ ist gemischt: $\PP (w=0) = 1- \rho$, und die
- bedingte Verteilung von $w$ unter der Bedingung $[w>0]$ ist wieder eine
- Exponentialverteilung mit Parameter $\mu - \lambda$.
- %----------------------------------------------------------------------------
- \section{Das System $M/G/1$}
- %------------------------------------------------------------------------------
- Jetzt benötigen wir zusätzlich zu $N_{t}$ die Information über die
- schon verbrauchte Bedienzeit. Die einfachste Methode besteht darin, das
- System nur in solchen Zeitpunkten zu betrachten, an denen die verbrauchte
- Bedienzeit bekannt ist (und zwar = 0), nämlich die Zeitpunkte $T_{n}$, in
- denen der n-te Kunde das System verläßt. Es sei $N_{n}$ die Anzahl der
- Kunden, die dann im System verbleiben. Es gilt: Falls $N_{n}=0$, so muß
- zuerst gewartet werden, bis ein neuer Kunde ankommt; wenn dieser Kunde
- geht, sind noch genau die Kunden da, die während seiner Bedienzeit
- angekommen sind; bezeichnet man $M_{n}$ als die Anzahl der Kunden, die
- während der Bedienzeit des $n$-ten Kunden ankommen, so gilt
- \begin{displaymath}
- N_{n+1} = M_{n} ~.
- \end{displaymath}
- Falls $N_{n} \not= 0$ ist
- \begin{displaymath}
- N_{n+1} = N_{n} - 1 + M_{n} ~.
- \end{displaymath}
- Zusammengefaßt ergibt sich:
- \begin{displaymath}
- N_{n+1} = (N_{n} - 1)_{+} + M_{n} ~.
- \end{displaymath}
- Wir suchen eine stationäre Lösung; es sei also $\PP (N_{n}=k)=p_{k}$
- unabhängig von $n$. Die erzeugende Funktion von $N_{n}$ ist
- \begin{displaymath}
- P^{*}(z) = \sum_{}^{}p_{k}z^{k} ~.
- \end{displaymath}
- Die erzeugende Funktion von $(N_{n}-1)_{+}=$
- \begin{eqnarray*}
- = p_{0} + \sum_{k=1}^{\infty} p_{k} z^{k-1} &=& p_{0}+ \frac{\hat P
- (z) - p_{0}}{z} = \\
- &=& \frac{\hat P(z) - p_{0}(1-z)}{z} ~.
- \end{eqnarray*}
- Mithilfe der Transformationen (Anhang A) ergibt sich die erzeugende Funktion von $M_{n}$
- (die Ankünfte bilden ja einen Poisson - Prozeß) als
- \begin{displaymath}
- \tilde B (\lambda(1 - z)) ~,
- \end{displaymath}
- wobei $B$ die Verteilung der Bedienzeit (mit Dichte $\beta$) ist. Wir
- erhalten also
- \begin{displaymath}
- P^{*}(z) = \frac{(P^{*}(z) - p_{0}(1-z))}{z} \tilde B (\lambda(1-z)) ~,
- \end{displaymath}
- also
- \begin{displaymath}
- P^{*}(z) = \frac{p_{0}(1-z) \tilde B ( \lambda (1-z))}{ \tilde B (
- \lambda(1-z)) - z} ~.
- \end{displaymath}
- Hier ist noch $p_{0}$ zu bestimmen, und zwar aus der Bedingung $P^{*}(1) =
- 1$. Es ergibt sich $p_{0} = 1 - \rho$ und
- \begin{displaymath}
- P^{*}(z) = \frac{(1- \rho)(1-z) \tilde B ( \lambda (1-z))}{ \tilde B (
- \lambda(1-z)) - z} ~,
- \end{displaymath}
- eine sogenannte \index{Pollaczek - Khinchin Formel}Pollaczek - Khinchin Formel. Die Anzahl der Kunden, die der $n$-te
- Kunde zurückläßt, ist genau die Anzahl der Kunden, die ankommen
- während er im System ist (d.h. während $z_{n}$), d.h. für die
- $L$-Transformierte $ \tilde Z (t)$ der Verteilung von $z$ gilt:
- \begin{displaymath}
- \tilde Z (\lambda(1-z)) = P^{*}(z) ~,
- \end{displaymath}
- also
- \begin{displaymath}
- \tilde Z (t) = \frac{(1- \rho)t \tilde B (t)}{t + \lambda \tilde B (t) -
- \lambda} ~.
- \end{displaymath}
- Auch das nennt man eine Pollaczek - Khinchin Formel. Für die Wartezeit
- gilt
- (wegen $z_{n} = w_{n} + x_{n}$)
- \begin{displaymath}
- \tilde Z (t) = \tilde W (t) \tilde B(t) ~,
- \end{displaymath}
- also
- \begin{displaymath}
- \tilde W (t) = \frac{(1- \rho)t}{t + \lambda \tilde B (t) - \lambda} ~.
- \end{displaymath}
- Für die Erwartungswerte ergibt sich:
- \begin{eqnarray*}
- \E (N) &=& \rho + \frac{\lambda^{2} \E x^{2}}{2(1- \rho)} \\
- \E (Z) &=& \frac{1}{\mu} + \frac{\lambda \E x^{2}}{2(1 - \rho)} \\
- \E (W) &=& \frac{\lambda \E x^{2}}{2(1 - \rho)} ~.
- \end{eqnarray*}
- %------------------------------------------------------------------------------
- \section{Das System $G/M/1$}
- %------------------------------------------------------------------------------
- Jetzt betrachten wir analog zum vorigen Kapitel das System zu den Zeiten
- $T_{n}$, wo der $n$-te Kunde ankommt. $N_{n}$ sei die Anzahl der
- anwesenden Kunden, die der $n$-te Kunde vorfindet.
- \begin{displaymath}
- N_{n+1} = N_{n}+1-\mbox{Anzahl der Kunden, die während $t_{n+1}$ gehen.}
- \end{displaymath}
- Für $n>0$ gilt, wenn wir $p_{k}= \PP (N_{n}=k)$ (stationär!) setzen:
- \begin{displaymath}
- p_{k} = \sum_{j=k-1}^{\infty} p_{j} q_{j+1-k} \qquad [k \geq 1] ~,
- \end{displaymath}
- wobei
- \begin{displaymath}
- q_{s} = \PP (\mbox{ $s$ Kunden gehen während
- $t_{n+1}$)} =
- \end{displaymath}
- \begin{eqnarray*}
- = \PP (\mbox{während $t_{n+1}$ treten genau $s$ Ereignisse eines Poissons
- -} \\
- \mbox{Prozesses mit Rate $\mu$ auf)} ~. & &
- \end{eqnarray*}
- Die Gleichung für $k=0$ ist überflüssig, da sie aus den Gleichungen
- für $k>0$ und der Beziehung $\sum_{}^{} p_{k}=1$ gefolgert werden kann.
- Man kann zeigen, daß diese Gleichung eine eindeutige Lösung besitzt.
- Falls nun $(p_{k})$ eine Lösung ist, ist auch
- \begin{displaymath}
- \tilde p_{k} = \frac{p_{k+1}}{1-p_{0}}
- \end{displaymath}
- eine Lösung. Es muß also
- \begin{displaymath}
- \tilde p_{k} = p_{k} ~,
- \end{displaymath}
- somit
- \begin{displaymath}
- p_{k+1} = p_{k}(1-p_{0})
- \end{displaymath}
- und
- \begin{displaymath}
- p_{k} = p_{0}(1-p_{0})^{k} =
- \sigma^{k}(1- \sigma) \qquad [ \sigma := 1 - p_{0}] ~.
- \end{displaymath}
- Setzt man das in die Gleichung für $k=1$ ein, ergibt sich
- \begin{displaymath}
- \sigma = \sum_{j=0}^{\infty} \sigma^{j} q_{j} = \tilde A (\mu(1-\sigma))
- ~.
- \end{displaymath}
- Falls $\rho < 1$, gibt es genau eine Lösung $\sigma \in (0,1)$. Dann ist
- $N$ geometrisch verteilt mit Parameter $\sigma$. Wie für die Schlange
- $M/M/1$ ergibt sich die Verteilung der Zeit $z$ im System als
- Exponentialverteilt mit Parameter $\mu(1- \sigma)$; die Wartezeit $w$ hat
- $\PP (w=0)= 1 - \sigma$ und die bedingte Verteilung von $w$ unter $[w>0]$
- ist wieder dieselbe Exponentialverteilung wie die von $z$.
- %---------------------------------------------------------------------------
- \section{Das System $G/G/1$}
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- Hier sind beide Verteilungen - die der Zwischenankunftszeiten und die der
- Bedienzeiten - allgemeine Verteilungen. Der Trick der vorigen beiden
- Kapitel funktioniert jetzt nicht mehr gut. Um beide Zeiten zu
- kontrollieren, müßten wir das System nun zu den Zeitpunkten betrachten,
- in denen ein Kunde das leere System betritt; diese Zeitpunkte sind aber zu
- selten, um vernüftig damit zu arbeiten. Statt dessen gehen wir von der
- Rekursion für die Wartezeiten aus:
- \begin{displaymath}
- w_{n+1} = (w_{n} + u_{n})_{+} ~.
- \end{displaymath}
- Das bedeutet für die Verteilungsfunktion $W(.)$ von $w$
- \begin{displaymath}
- W(x) = \PP (w_{n+1} \leq x) = \left\{
- \begin{array}{lc}
- \PP (w_{n} + u_{n} \leq x) & x \geq 0 \\
- 0 & x < 0
- \end{array} \right. ~.
- \end{displaymath}
- Die Wahrscheinlichkeit $\PP (w_{n}+ u_{n} \leq x)$ berechnet sich als
- \begin{displaymath}
- \PP (w_{n} + u_{n} \leq x) = \int_{- \infty}^{\infty} W(x-u) c(u) du ~,
- \end{displaymath}
- wobei $c(u)$ die Dichte von $u_{n} = x_{n} - t_{n+1}$ ist. Falls in der
- Gleichung für $W(x)$ die Fallunterscheidung nicht auftreten würde, wäre
- sie leicht durch Transformationen zu lösen. Wir erreichen dies durch
- einen Kunstgriff: Wir setzen
- \begin{displaymath}
- Y(x) = \left\{
- \begin{array}{lc}
- \int_{- \infty}^{\infty} W(x-u)c(u) du & x< 0 \\
- 0 & x \geq 0
- \end{array} \right. ~.
- \end{displaymath}
- Dann ist
- \begin{displaymath}
- W(x) + Y(x) = \int_{-\infty}^{\infty} W(x-u) c(u) du ~.
- \end{displaymath}
- Wir bezeichnen jetzt die Laplace - Transformierte von $W$ mit $\Phi (t)$,
- und die von $Y$ mit $\Phi^{-}(t)$. Durch partielle Integration zeigt man,
- daß
- \begin{displaymath}
- \Phi (t) = \frac{1}{t} \tilde W(t)
- \end{displaymath}
- gilt. Für die Transformationen ergeben sich die Formeln
- \begin{displaymath}
- \Phi (t) + \Phi^{-}(t) = \Phi (t) \tilde C (t) = \Phi (t) \tilde A (-t)
- \tilde B (t) ~,
- \end{displaymath}
- oder
- \begin{displaymath}
- \frac{\Phi^{-}(t)}{\Phi (t)} = \tilde A (-t) \tilde B (t) -1 ~.
- \end{displaymath}
- Wir nehmen an, daß $\tilde A(t)$ für $t \geq -D$ existiert. (Das ist
- gleichbedeutend damit, daß $\PP (t_{n} \geq x)$ wie $e^{-Dx}$ fällt).
- Dann existiert $\tilde A (-t) \tilde B (t) - 1$ für $0 \leq t \leq D$;
- Ferner existiert $\Phi (t)$ für $t >0$ und $t \Phi (t)$ ist in $\Re (t)
- \geq 0$ regulär und beschränkt; $\Phi^{-}(t)$ existiert für $t \leq D$
- und in $\Re (t) < D$ ist $t\Phi^{-}(t)$ regulär und beschränkt. Wir
- versuchen 2 Funktionen $\Psi^{+}$ und $\Psi^{-}$ zu finden, die folgendes
- erfüllen:
- \begin{enumerate}
- \item $\frac{\Psi^{+}(t)}{\Psi^{-}(t)} = \tilde A(-t) \tilde B(t) -1$ ~ ~\index{Spektralzerlegung}(Spektralzerlegung).
- \item $\frac{\Psi^{+}(t)}{t}$ ist für $\Re(t)>0$ regulär und beschränkt
- und hat dort keine Nullstellen.
- \item $\frac{\Psi^{-}(t)}{t}$ ist für $\Re (t) < D$ regulär und
- beschränkt und hat dort keine Nullstellen.
- \end{enumerate}
- Dann gilt
- \begin{displaymath}
- \frac{\Phi^{-}(t)}{\Phi (t)} = \frac{\Psi^{+}(t)}{\Psi^{-}(t)} \qquad
- 0< \Re (t) < D ~,
- \end{displaymath}
- oder
- \begin{displaymath}
- \Phi^{-}(t) \Psi^{-}(t) = \Psi^{+}(t) \Phi (t) \qquad 0< \Re (t) < D ~.
- \end{displaymath}
- Die linke Seite ist für $\Re (t) < D$ regulär und beschränkt, die
- rechte Seite für $\Re (t) > 0$. Es ist dadurch also eine Funktion
- bestimmt, die in der ganzen Ebene regulär und beschränkt ist. Nach dem
- Satz von \index{Satz!LIOUVILLE}LIOUVILLE muß eine solche Funktion konstant sein. Es gilt also
- \begin{displaymath}
- \Phi (t) = \frac{K}{\Psi^{+}(t)} ~,
- \end{displaymath}
- und
- \begin{displaymath}
- \tilde W (t) = \frac{Kt}{\Psi^{+}(t)} ~.
- \end{displaymath}
- Es bleibt die Konstante $K$ zu bestimmen. Sie folgt wieder aus
- \begin{displaymath}
- \tilde W (0) = 1 \qquad \mbox{zu} \qquad
- K = \frac{\Phi^{+}(t)}{t} \Bigg \bracevert_{t=0} = (\Phi^{+})^{'}(0) ~.
- \end{displaymath}
- {\bf Beispiel: $M/M/1$}
- \begin{displaymath}
- A = M_{\lambda}: \quad \tilde A(t) = \frac{\lambda}{\lambda + t}, \quad
- B = M_{\mu}: \quad \tilde B(t) =\frac{\mu}{\mu +t}
- \end{displaymath}
- \begin{eqnarray*}
- \frac{\Psi^{+}(t)}{\Psi^{-}(t)} &=& \tilde A(-t) \tilde B(t)-1 =
- \frac{\lambda \mu}{(\lambda - t)(\mu + t)} - 1 = \\
- &=& \frac{t(\mu - \lambda + t)}{(\lambda - t)(\mu + t)}. \\
- \Psi^{+}(t) &=& \frac{t(\mu -\lambda + t)}{(t + \mu} \\
- \Psi^{-}(t) &=& (\lambda - t) \\
- \Phi (z) &=& \frac{\Psi^{+'}(0)}{\Psi^{+}(z)} =
- \frac{(\mu - \lambda)(\mu +t)}{\mu t(\mu - \lambda + t)} =
- \frac{1}{t} - \frac{\lambda}{\mu(\mu - \lambda + t)} \\
- \Psi^{+'}(0) &=& \frac{\Psi^{+}(t)}{t} \Bigg \bracevert_{t=0} =\frac{\mu -
- \lambda}{\mu} \\
- F(x) &=& 1 - \rho e^{-(\mu - \lambda)x} \quad \mbox{für} \quad x \geq 0
- \end{eqnarray*}
- also die Verteilung der Wartezeit aus dem ersten Kapitel.
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